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1.2.2 Hochbau

Inhaltsverzeichnis

1.2.2.1 Einführung

1.2.2.2 Mögliche Themen in verschiedenen Phasen des Projektverlaufs
1.2.2.2.1 Phase I: Bedarfsanmeldung / Investitionsplanung
1.2.2.2.2 Phase II: Bedarfsprogramm / Anmeldung zur Finanzplanung
1.2.2.2.3 Phase III: Vorplanung (ES-Bau)
1.2.2.2.4 Phase IV: Bauplanungsunterlagen (EW-Bau)
1.2.2.2.5 Phase V: Baudurchführung - begleitende Erfolgskontrolle
1.2.2.2.6 Phase VI: Fertigstellung, Nutzung

1.2.2.1 Einführung

Bei der Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben sind regelmäßig Weichenstellungen vorzunehmen, die darüber entscheiden, ob eine Maßnahme wirtschaftlich wird oder nicht. Dabei muss immer wieder zwischen verschiedenen Varianten abgewogen werden, die auf zum Teil sehr unterschiedliche Art und Weise zur Lösung der gestellten Aufgabe beitragen. Dazu ist ein Abwägen aller Kosten sowie der Vor- und Nachteile notwendig.

Darüber hinaus bedürfen die getroffenen Entscheidungen im Verlauf des Projekts und bei dessen Abschluss einer Überprüfung, ob die ihnen zu Grunde gelegten Annahmen noch zutreffen, ob die damit verbundenen Aussagen zur Wirtschaftlichkeit noch Bestand haben beziehungsweise ob gegengesteuert werden muss.

Ein wichtiges Instrument dabei sind Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen (WU). Der vorliegende Text auf der Basis eines bereits im Jahre 2007 von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Berlin eingeführten Leitfadens will bei der Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen helfen, indem er die in § 7 der Landeshaushaltsordnung (LHO) und den dazugehörigen Ausführungsvorschriften (VV-LHO) seit langem verankerten Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auf den Bereich des öffentlichen Bauens überträgt, die in der Fachliteratur und den zahlreichen Leitfäden und Arbeitshilfen angebotenen Methoden und Ansätze auf wenige, aber prägnante Verfahren konzentriert, diese Verfahren mit Beispielen und Hilfsmitteln hinterfüttert und dadurch die notwendigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen in einem angemessen Rahmen hält.
Der Begriff der Wirtschaftlichkeit umfasst dabei nicht nur die Kosten, sondern stets auch den Nutzen einer Maßnahme. Beide Aspekte müssen in den Abwägungsprozess vor einer Planungs- beziehungsweise Vergabeentscheidung einbezogen werden.

Diese Erkenntnis ist nicht neu:
Die VOB/A verlangt in § 25 Nummer 3 Absatz 3 Satz 2 bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots neben der Berücksichtigung des Preises die Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, wie zum Beispiel Ausführungsfrist, Betriebs- und Folgekosten, Gestaltung, Rentabilität oder technischen Wert.
Der vom damaligen Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) herausgegebene "Leitfaden Nachhaltiges Bauen" spricht von den - für den Nutzen einer Maßnahme relevanten - ökologischen, gesundheitlichen und soziokulturellen Aspekten des Bauens.

Diese nicht in Geld messbaren (nichtmonetären) Aspekte sind somit bei allen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zu berücksichtigen, auch wenn die Verfahren für die monetären Aspekte im Folgenden besonders betont erscheinen.

Der vorliegende Text bildet die Grundlage beziehungsweise ergänzt andere eingeführte beziehungsweise empfohlene Planungshilfen. Besonders zu nennen sind:

  • die bremischen Baustandards
  • der "Leitfaden Nachhaltiges Bauen" des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Januar 2019,
  • die Planungs- und Kostendaten ("PLAKODA") der Zentralstelle für Bedarfsbemessung und wirtschaftliches Bauen, Freiburg.

Neben diesen gibt es weitere Arbeitshilfen, die ebenfalls für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen herangezogen werden können.

1.2.2.2 Mögliche Themen in verschiedenen Phasen des Projektverlaufs

Grundlage für die nachfolgende Gliederung für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Erfolgskontrollen bildet das Regelverfahren für Hochbaumaßnahmen, wie es in den Richtlinien für die Planung und Durchführung von Bauaufgaben (pdf, 4.7 MB) (RLBau) dargestellt ist. Darüber hinaus ist in allen Phasen des Projektablaufes durch Sammlung und Auswertung von Hinweisen und Daten die Entwicklung einer Maßnahme zu beurteilen. Ändern sich Ausgangslage, allgemeine Planungsgrundlagen, Planungsrahmen und / oder Ziele, ist unverzüglich der Bedarf zu überprüfen und zu entscheiden, ob und wie die Maßnahme weitergeführt werden soll. Die Wirtschaftlichkeit ist zu überprüfen, indem die bisherigen Berechnungen mit den neuen Daten aktualisiert und die erforderlichen Schlüsse gezogen werden, das heißt Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind in Form von Erfolgskontrollen nach der Verwaltungsvorschrift zu § 7 Landeshaushaltsordnung Nummer 1.3 durchzuführen. Eine denkbare Handlungsoption ist jeweils auch der Abbruch der Maßnahme, nach Abwägen aller maßgeblichen Einflussfaktoren.

Für die Durchführung von Baumaßnahmen mit Zuwendungen ist zusätzlich gemäß der Vorgaben der RLBau, Abschnitt 4, im erforderlichen Maß die Mitwirkung der zuständigen technischen bremischen Verwaltung zu ermöglichen, zum Beispiel durch frühzeitige Beteiligung an den für die Antragstellung erforderlichen Vorbesprechungen (vergleiche RLBau 4.3.1) und Beratung bei der Aufstellung der Antrags- und Bauunterlagen (vergleiche RLBau 4.3.2). Die zuständige technische bremische Verwaltung ist durch die Bewilligungsbehörde so rechtzeitig (spätestens bei Aufnahme der Planungsüberlegungen) zu beteiligen, dass sie die Aufgaben der Zuwendungsprüfung ordnungsgemäß erfüllen kann.

Die folgenden Ausführungen sind als Arbeitshilfe zu verstehen und ersetzen nicht bestehende Vorgaben.

1.2.2.2.1 Phase I: Bedarfsanmeldung / Investitionsplanung

Feststellen und Bewerten der alternativen Lösungsmöglichkeiten

Lässt sich aus Anforderungen der Nutzer ein Bedarf nachweisen und begründen, sind unterschiedliche Lösungsansätze zur Deckung dieses Bedarfs zu untersuchen.

Die Bedarfsdeckung kann sowohl durch organisatorische Veränderungen, als auch bauliche Maßnahmen erfolgen.

- Organisatorische Veränderungen (ohne wesentliche bauliche Folgen)

  • Möglichkeiten durch Umorganisation vorhandener baulicher Anlagen
  • oder arbeitstechnologischer Prozesse (Zentralisierung, Dezentralisierung und andere)

- Gebäudenutzung ohne eigene Baumaßnahme

  • grobes Erfassen und Bewerten von Kosten und Bedingungen, die durch Mieten, Kaufen, Outsourcen, Leasen oder gegebenenfalls ÖPP-Modelle entstehen

- Eigenbaumaßnahme

  • Entscheidung zwischen Neubau, Umbau oder Erweiterung unter Abwägung der Vor- und Nachteile, Kosten (Investitions- und Nutzungskosten nach DIN 18960) und Nutzen

Entscheidung und weitere Festlegungen

Hat die Untersuchung ergeben, das eine Bauinvestition notwendig wird, erfolgt die Anmeldung zur Finanzplanung nach § 31 Landeshaushaltsordnung.

1.2.2.2.2 Phase II: Bedarfsprogramm / Anmeldung zur Finanzplanung

Feststellen und Bewerten der alternativen Lösungsmöglichkeiten

- Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zu Investitions- und Betriebskosten (DIN 276 und 18960)

  • Gegenüberstellung von Flächen- und Raumkennwerten (nur wesentliche Kostenunterschiede der Varianten untersuchen, da in dieser Phase eine Ermittlung der Investitionskosten - Kostenrahmen - ohne konstruktive und qualitative Erläuterungen nur grob möglich ist)
  • Abschätzung der Nutzungskosten

- Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zum Funktions- und Raumprogramm
[LISTE Überlegungen zur Optimierung von Raum- und Flächenvorgaben, zur funktionellen und betriebswirtschaftlichen Anordnung der Räume, zu Mehrfachnutzungen von Räumen et cetera.

  • Vorhandene Standardprogramme gegebenefalls anpassen
  • Berücksichtigung standortspezifischer Rahmenbedingungen, Auswahl des Baugrundstückes (Baumbestand, Besonderheiten bei der Gründung, planungsrechtliche Rahmenbedingungen und anderes). Auswirkungen aus der Grundstücksentscheidung haben einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der Bauplanung

Grundsätzliche Festlegungen zum Bauwerk

  • Kosten- und Planungsrichtwerte aus Vergleichsbauten heranziehen und benennen, zum Beispiel aus Kostendatenprogrammen oder eigenen Datensammlungen
  • bei schwierigen Grundstücks- und Gebäudebedingungen Einpassungsplanungen
  • Ausrichtung des Gebäudes zur energetischen Optimierung
  • Kosten der Erschließung

Falls ein Architektenwettbewerb stattfindet, sind Wirtschaftlichkeitskriterien bezogen auf Baukosten und Nutzungskosten für die Auswahl zugrunde zu legen.

Entscheidung und weitere Festlegungen

Im Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind die Festlegungen aus der Vorstufe weiter zu konkretisieren.

1.2.2.2.3 Phase III: Vorplanung (ES-Bau)

Feststellen und Bewerten der alternativen Lösungsmöglichkeiten

In dieser Phase werden konkrete bauliche Planungsteile Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, zum Beispiel Gebäudeform, Fassade, technische Systeme. Variantenentscheidungen aus wirtschaftlicher Sicht sind zu diesem Zeitpunkt für alle Planungsbereiche unabdingbar und Teil der Grundleistungen nach HOAI.

Nur wenn umfangreiche Wirtschaftlichkeitsberechnungen über Planungsalternativen oder detaillierte Wirtschaftlichkeitsnachweise gefordert werden, sind solche vertraglich zu regeln und zusätzlich zu vergüten.

Bei vorgeschaltetem Wettbewerb kann die Variantenuntersuchung entfallen.

  • Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zu Investitions- und Betriebskosten (DIN 276 und 18960)
  • vollständige Kostenerfassung (Kostenschätzung), soweit in dieser Phase erkennbar
  • neben den Kosten auch nichtmonetäre Faktoren berücksichtigen, wie zum Beispiel Funktion, Gestaltung, Bauphysik, Brandschutz, Behaglichkeit, Erreichbarkeit und so weiter
  • Aspekte der Nachhaltigkeit der Maßnahme einbeziehen
  • optimales Verhältnis BGF/NF wesentlich
  • gilt auch für Umbauten, Vergleich zum Neubau
  • Berücksichtigung der Nutzungskosten

Entscheidung und weitere Festlegungen

Die Auswahl des geeigneten Entwurfskonzepts und präzise Festlegungen zu den Planungsinhalten bilden die Grundlage für die weitere Bearbeitung.
Abweichungen von den Vorgaben des Bedarfsprogramms sind zu begründen.
Für die anschließende Durchführung der Baumaßnahme sind in diesem Zeitraum Kriterien und Verfahren für die Erfolgskontrollen (§ 7 Landeshaushaltsordnung) während und nach Abschluss der Baumaßnahme festzulegen.

1.2.2.2.4 Phase IV: Bauplanungsunterlagen (EW-Bau)

(Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung)

Feststellen und Bewerten der alternativen Lösungsmöglichkeiten

In diesem Planungsabschnitt sind die Festlegungen aus den Vorphasen nochmals wirtschaftlich abzuwägen und auf optimierte Lösungsmöglichkeiten zu untersuchen.

Eine vollständige Kostenerfassung (Kostenberechnung) ist zugrunde zu legen.

Änderungen zu Entscheidungen, die sich nach detaillierter Planung gegenüber der Vorplanung ergeben haben, sind darzustellen und zu begründen.

  • Untersuchen alternativer Konstruktionsweisen und Details
  • Entscheidung über Alternativen in der Ausstattung unter Berücksichtigung der Nutzungskosten
  • Bewertung der Nachhaltigkeit der Maßnahme, ökologisches Gesamtkonzept, Verhältnismäßigkeit

1.2.2.2.5 Phase V: Baudurchführung - begleitende Erfolgskontrolle

(Ausschreibung/Vergabe/Errichtung)

Erfordernis

Vor Ausschreibung und Vergabe der Leistungen und dem Abschluss von Verträgen ist im Einvernehmen mit dem Bedarfsträger nochmals zu überprüfen, ob der zugrunde gelegte Bedarf unverändert besteht. Die Wirtschaftlichkeit der Angebote ist zu bewerten (VOB/A §25 Nummer 3 Absatz 3).

Vergleich mit den Vorgaben der (EW-Bau)

Soll/ Ist - Vergleich: Abgleich der Vergaben (VOB/VOL) mit den Planungsansätzen

  • Beurteilung der adäquaten Umsetzung der EW-Bau beziehungsweise eventuelle Fortschreibungen hinsichtlich der Qualitäten und Raumanforderungen im ausgeführten Bauwerk
  • bei notwendigen Planungsänderungen sind diese wirtschaftlich zu bewerten. Hierzu können die gleichen Berechnungsmethoden angewandt werden wie bei den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen in der Planungsphase.

Terminplan/ Baufortschritt

  • Beurteilung des Baufortschritts im Terminplan.
  • Im Fall eines Terminverzuges ist zu beurteilen, welche Maßnahmen eingeleitet wurden, um den Terminverzug aufzuholen und wirtschaftliche Nachteile daraus zu vermeiden (kostenträchtige Bauzeitverlängerung, Kosten durch Lohngleitklauseln, vorher nicht kalkulierter Winterbau, entstehende Kosten durch späteren Bezug des Gebäudes und andere)

Kostenstand

Prüfung der Kostenkontrolle nach RLBau

  • Darstellung der Mehr- und Minderkosten und der Kostenprognose in den einzelnen Kostengruppen
  • Vollständigkeit der Kostenerfassung
  • Vergleich des Kostenanschlages mit der Kostenberechnung aus der EW-Bau und Bewertung

Für den Fall der Kostenüberschreitung sind Festlegungen zu treffen, wie Mehr- und Minderkosten auszugleichen sind. Hierbei sind wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen (Kosten für Baustopp, Kosten für bereits submittierte/beauftragte und nicht auszuführende Bauleistungen, Kosten für Rückbau, Auswirkungen auf spätere Betriebskosten und ähnlichem).

Bei extremer Unwirtschaftlichkeit muss der Abbruch der Maßnahme in Erwägung gezogen werden (siehe Ziffer 4).

Besondere Probleme/ Lösungsansätze

  • Darstellung besonderer Schwierigkeiten, die während der Ausschreibung, Vergabe und Baudurchführung entstanden sind und deren Lösung
  • Untersuchung und Bewertung gegebenenfalls unbeabsichtigter Nebenwirkungen der Baumaßnahme

1.2.2.2.6 Phase VI: Fertigstellung, Nutzung

Grundsätzliches zu abschließenden Erfolgskontrollen

Für alle Maßnahmen ist nach ihrer Beendigung eine abschließende Erfolgskontrolle durchzuführen. Ziel ist es festzustellen, ob und in welchem Ausmaß die angestrebten Ziele erreicht wurden, ob die Maßnahme wirtschaftlich war und welche Rückschlüsse für zukünftige Planungen gezogen werden können.

Vergleich mit den Vorgaben der EW-Bau (Soll / Ist - Vergleich)

  • Beurteilung der adäquaten Umsetzung der EW-Bau (beziehungsweise eventuelle Fortschreibungen) hinsichtlich der Qualitäten und der Wirtschaftlichkeit, Vergleich des ursprünglichen Zieles der Baumaßnahme mit der aktuellen Anforderung
  • Erhebung und Bewertung der Nutzungskosten sowie Vergleich der früheren Raumanforderungen mit der späteren Nutzung in den Jahren nach der Fertigstellung

Terminplan / Baufortschritt

Beurteilung wirtschaftlicher Auswirkungen bei Terminverzug der Fertigstellung

Kostenstand

  • Kostenkontrolle gemäß RLBau
  • Einschätzung der Ursachen für Mehr- oder Minderkosten
  • Kostendaten für Vergleichsdatenbanken verwertbar machen

Besondere Probleme/ Lösungsansätze

Abschließende Darstellung besonderer Schwierigkeiten, die während der Ausschreibung, Vergabe und Baudurchführung entstanden sind und deren Lösung

Bewertung durch den Nutzer beziehungsweise die Fachverwaltung

Bewertungskriterien: zum Beispiel funktionell, gestalterisch, bedarfsspezifisch, technisch, wirtschaftlich, Optimierungsmöglichkeiten auch in Hinblick auf vergleichbare noch zu realisierende Vorhaben