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Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen

Historischer Erfolg für Bremen

Der 2. Juni 2017 war ein denkwürdiger Tag für Bremen. Der Bundesrat beschloss (nach dem Bundestag) die Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Durch die Reform hat Bremen einen deutlich größeren finanziellen Handlungsspielraum bei der Gestaltung seiner staatlichen Aufgaben. Jährlich stehen über 400 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Zum Zeitpunkt der Einigung zwischen Bund und Ländern im Herbst 2016 wurde für die Freie Hansestadt Bremen ein Betrag von 487 Mio. € geschätzt. Mit diesem Einigungserfolg ist Bremens Selbständigkeit gesichert, das Fundament zur Einhaltung der Schuldenbremse gelegt und die Voraussetzung zur zukunftsfähigen Gestaltung unseres Bundeslandes und seiner zwei Städte geschaffen.

Reformmodell bundesstaatlicher Finanzausgleich

Es wird erwartet, dass das neue System des bundesstaatlichen Finanzausgleichs mindestens bis zum Jahr 2030 unangetastet bleibt. Eine zeitliche Befristung wie beim Solidarpakt II wurde nicht festgelegt. Vielmehr wurde im Grundgesetz eine Art Kündigungsklausel installiert, die unterhalb der Schwelle einer Normenkontrollklage Verhandlungen ab dem Jahr 2030 auch gegen eine Ländermehrheit erzwingen kann.

Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird um über 4 Mrd. € erhöht, ein Teil wird davon dynamisiert ausgestaltet. Die Umsatzsteuerergänzungsanteile entfallen zukünftig und der bisherige Länderfinanzausgleich wird in seiner jetzigen Form abgeschafft. Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird nun grundsätzlich nach Maßgabe der Einwohnerzahl verteilt, jedoch modifiziert durch Zu- und Abschläge entsprechend der Finanzkraft. Der Tarif zur Berechnung der Zu- und Abschlagsbeträge bei der Umsatzsteuerverteilung wird linear gestaltet und beträgt 63 %.

Zur Berechnung der Finanzkraft eines Landes wird die kommunale Finanzkraft zu 75 % einbezogen und die Förderabgabe wird zukünftig bei der Berechnung der Finanzkraft nur zu 33 % angesetzt. Die Einwohnerwertungen für die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen bleiben unverändert, ebenfalls die von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

Der Angleichungsgrad und der Tarif der allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen (BEZ) werden auf 99,75 % des Durchschnitts zu 80 % erhöht. Die Sonder-BEZ für Kosten der politischen Führung und die Sonder-BEZ für strukturelle Arbeitslosigkeit bleiben erhalten.

Zukünftig werden Zuweisungen des Bundes zum Ausgleich der Finanzkraftunterschiede auf Gemeindeebene und zum Ausgleich der unterschiedlichen Zuflüsse in die Länder durch die Forschungsförderung des Bundes gewährt.

Außerhalb des Systems des bundesstaatlichen Finanzausgleichs werden die Finanzierungshilfen für die Seehäfen fortgeführt. Das Bundesprogramm Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) wird dauerhaft fortgeführt. Es werden dem Saarland und der Freien Hansestadt Bremen angesichts ihrer besonders schwierigen Haushaltssituation Sanierungshilfen ab dem Jahr 2020 in Höhe von jeweils 400 Mio. € gewährt. Die Sanierungshilfen sollen es den genannten Ländern ermöglichen, die Vorgaben des Artikels 109 Absatz 3 Grundgesetz ("Schuldenbremse") künftig eigenständig einzuhalten.

Die Vorgeschichte: Jahrelange Verhandlungen

Der Einigung zwischen Bund und Ländern war ein jahrelanger Streit vorausgegangen. Der Beginn der Verhandlungen zur Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab dem Jahr 2020 lässt sich spätestes auf den 27. November 2013 datieren. An diesem Tag hatten CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode des Bundestages beschlossen:

"Spätestens Ende 2019 müssen die Bund-Länder-Finanzbeziehungen neu geordnet sein. Der Länderfinanzausgleich ist zu diesem Zeitpunkt neu zu regeln. Die Länder werden ab diesem Zeitpunkt keine strukturellen Defizite mehr haben. In dieser Legislaturperiode müssen dafür die Weichen gestellt werden. Dazu finden zwischen Bund und Ländern Gespräche statt."

2014 waren die Vorarbeiten auf der Ebene der Finanzminister von Bund und Ländern vorerst abgeschlossen. Eine umfangreiche Bestandsaufnahme der Bund-Länder-Finanzbeziehungen und ein Meinungsbild der Länder zu diversen Fragen der vertikalen und horizontalen Finanzbeziehungen lagen den Regierungschefinnen und Regierungschefs vor. Es war deutlich geworden, dass die Länder in Fragen der vertikalen Finanzbeziehungen durchaus eine einheitliche Position erreichen konnten, in Fragen der horizontalen Finanzbeziehungen aber keinerlei Annäherungen zwischen den einzelnen Interessengruppen möglich schien. Dieses war auch nicht zu erwarten, da Bayern und Hessen im Frühjahr 2013 eine Normenkontrollklage gegen das Maßstäbe- und das Finanzausgleichsgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht(BVerfG) angestrengt hatten.

Ende des Jahres 2014 unternahmen die Ministerpräsidenten auf der Basis bilateraler Gespräche zwischen dem Ersten Bürgermeister Hamburgs und dem Bundesfinanzminister einen Einigungsversuch. Kern des Vorschlags war eine Integration des Solidaritätszuschlages in die Einkommen- und Körperschaftsteuer. Die CDU-geführten Bundesländer und auch die Bundeskanzlerin vertraten aber die Auffassung, dass der Solidaritätszuschlag in einem absehbaren Zeitraum abgebaut und bis 2030 ganz abgeschafft werden sollte. Damit brach ein zentrales Element aus dem Neuordnungsvorschlag weg und eine Einigung konnte noch nicht erreicht werden.

Im Frühjahr 2015 wurden dann wieder Modelle aus Hamburg in die Diskussion gebracht und für die Ministerpräsidentenkonferenz im Juni weiterentwickelt. Der Bundesfinanzminister und auch das Land Baden-Württemberg entwickelten jeweils eigene Neuordnungsmodelle. Da der Bund stets betont hatte, dass die Lösung der horizontalen Ausgleichsfragen Sache der Länder sei, spielte das Bundesmodell zu diesem Zeitpunkt keine besondere Rolle in der Diskussion. Nachdem sich die CDU-geführten Länder auf ein gemeinsames Grundmodell geeinigt hatten, stand dieses dem Hamburger Modell gegenüber.

Im Dezember 2015 kam es dann zu einer Einigung der Länder auf der Basis des systematischen Grundansatzes des Modells der CDU-geführten Bundesländer. Der Bund nahm diese Einigung jedoch nur zur Kenntnis und gab erst einmal keine konkrete Stellungnahme ab. Der Bundesfinanzminister reagierte auf die Ländereinigung im Frühjahr 2016 mit eigenen Vorstellungen, die den Verhandlungsgegenstand ausweiteten. Der Bund fügte der Verhandlungsmasse weitere Themenfelder hinzu, wie z. B. die von ihm präferierte Verkehrsinfrastrukturgesellschaft. Im Oktober 2016 kam es dann zu einer umfassenden Einigung, die dadurch gekennzeichnet war, dass das Ländermodell aus dem Dezember 2015 und die besonderen Interessen des Bundes in den Fragen der Verkehrsinfrastrukturgesellschaft, Stabilitätsrat, Digitalisierung, Zuständigkeiten bei Steuerfragen etc. beschlossen wurden.

Mit der Übersendung der Referentenentwürfe zeigten sich an etlichen Stellen noch offene Fragen bei Detailregelungen, so dass im Dezember 2016 ein nochmaliges Treffen der Regierungschefs von Bund und Ländern notwendig wurde. Die Beschlüsse dieses Treffens waren dann die Basis der Regierungsentwürfe (Grundgesetzänderungen und Begleitgesetze), die in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wurden.

Der federführende Haushaltsausschuss des Bundestages, der nun zum ersten Mal offiziell beteiligt wurde, beriet den Regierungsentwurf eingehend und führte eine Sachverständigenanhörung durch. In seinen Beschlussempfehlungen des Haushaltsausschusses wurden dann erhebliche Änderungen der Gesetzesentwürfe vorgenommen (insbesondere bei der geplanten Verkehrsinfrastrukturgesellschaft). Das Finanzausgleichsmodell blieb trotz erheblicher Kritik der Sachverständigen unangetastet, weil ansonsten die Zustimmung des Bundesrates mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit ohne ein Vermittlungsverfahren in der laufenden Legislaturperiode nicht gesichert erschien. Im Sommer 2017 wurden die Gesetze nach einem Berichtigungsverfahren und trotz gewisser Bedenken des Bundespräsidenten von diesem unterzeichnet und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Damit tritt im Bereich des bundesstaatlichen Finanzausgleichs ab dem Jahr 2020 die bisher größte systematische Änderung der letzten Jahrzehnte in Kraft. Nach der Einigung bei der Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zogen die Bayerische Staatsregierung und die Hessische Landesregierung ihren Antrag im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle zurück. Das Bundesverfassungsgericht stellte mit Beschluss vom 21.11.2017 das Verfahren ein.

Gesetze zur Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen:

Weitere externe Links:

Gesetzesvorhaben, das die Bund-Länder-Finanzbeziehungen berührt:

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 104c, 104d, 125c, 143e)

Ansprechperson

Stefan Klusewitz

Foto von Stefan Klusewitz

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