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Haushaltsrede Nachtrag 2022

Senator für Finanzen Dietmar Strehl

Sehr geehrter Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Der Senat legt Ihnen heute den ersten Nachtragshaushalt in dieser Legislaturperiode im Entwurf und die Gesetze zur Anpassung der Besoldung vor.

Die Besoldung der Beamtinnen und Beamten wird regelmäßig angepasst, in Anlehnung an die Ergebnisse der Verhandlungen des Tarifvertrags der Länder. Neben dieser schlägt der Senat vor den einmaligen Energiekostenzuschuss auch auf die Versorgungsempfängerinnen und Empfänger auszuweiten.

Für den Nachtragshaushalt gibt es mehrere Gründe:

Im Kern geht es um die Umsetzung der Entscheidung, die der Senat im Juli getroffen hat:

nämlich, dass der Bremenfonds (Stadt und Land) mit einem maximalen Kreditvolumen von 1.2 Mrd. Mrd Euro erfolgreich auf die Zielgerade geht. Die Haushalte der letzten drei Jahre waren stark durch die Pandemie geprägt und wir haben ein starkes Bündel an Maßnahmen umgesetzt, dass den Bürgerinnen und Bürgern aber auch den Betrieben und Unternehmen geholfen hat durch die schwierige Zeit zu kommen.

Es wird damit im Haushalt 2023 aufgrund der Coronapandemie keine Ausnahme von der Schuldenbremse geben.

Trotzdem werden wir auch 2023 Geld brauchen, um den Folgen der Corona-Pandemie etwas entgegen zu setzen. Deswegen ziehen wir die bisher bewilligten Kreditermächtigungen aus dem Jahr 2023 im Nachtragshaushalt 2022 nach vorn. Im Ergebnis wird es damit in 2022 im Land noch eine Kreditermächtigung von 257 Mio. € und der Stadt Bremen eine Ermächtigung von 340 Mio. € geben. Dafür werden wir im kommenden Jahr wegen der Corona-Pandemie keine weiteren Kredite aufnehmen.

Nach meiner Kenntnis geht übrigens Bremerhaven an dieser Stelle den gleichen Weg.

In den Anlagen zu den Haushaltsentwürfen können Sie die einzelnen geplanten Maßnahmen nachvollziehen.

Dort können Sie auch erkennen, dass wir Vorsorge getroffen haben, z.B. für eventuelle pandemieveranlasste Verluste Bremer Eigenbetriebe oder Gesellschaften, sowie selbstverständlich auch für eventuell weitere Impfnotwendigkeiten.

Der Nachtragshaushalt geht aber auch auf weitere finanzpolitische Entwicklungen ein.

Wir wollen den Nachtrag nutzen, um Mittel zur Verfügung zu stellen, mit denen wir Haushalte und die Wirtschaft unterstützen können, die schon jetzt aufgrund der rasant steigenden Energiepreise ächzen.

Vielen Menschen mit geringem Einkommen drohen Energiesperren, weil sie ihre Rechnungen nicht bezahlen können. Wir müssen hier alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Folgen der Energiepreissteigerung und der Inflation abzufedern.

Aber auch die Industrie und Gewerbetreibende leiden. Hierzu zählen zum Beispiel auch Bäckerinnen und Bäcker, Unternehmerinnen und Unternehmer aus dem Bereich Transport und Logistik, aber auch Einzelhändlerinnen und Gastronominnen und Gastronomen treffen die Energiekosten und die Inflation mit voller Härte.

Drüber hinaus sollen auch die Verpflichtungsermächtigungen angehoben werden, um damit langfristige Verpflichtungen insbesondere bei Anmietungen im Schulbereich abzusichern.

Zudem lösen wir mit dem Nachtragshaushalt die Globale Minderausgabe auf. Im Mai erklärte der Haushaltsausschussvorsitzende Jens Eckhoff den Rot-Grün-Roten Haushalt als „gescheitert“, es war die Rede von „größtes Desaster der bremischen Finanzgeschichte“. Diese Schwarzmalerei der Opposition hat sich mal wieder nicht bewahrheitet. Die rot-grün-rote Haushaltspolitik erweist sich erneut als handlungsfähig und findet stets angemessene Antworten auf die Veränderung in Zeiten mehrerer Krisen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
unsere Haushälter und Haushälterinnen haben Ihnen zur Kenntnis auch den aktualisierten Finanzrahmen 2021 – 2025 zusammengestellt.

Die Finanzplanung aus dem November 2021 hatte die folgende Einschätzung, ich zitiere:

"Ihnen liegt die Finanzplanung bis 2025 vor. Die gute Nachricht ist: der Haushalt ist so gestaltet, dass die Haushalte ab 2024 ohne die Beantragung einer Notsituation auskommen können. Auch wenn aus der mittelfristigen Finanzplanung noch ein deutlicher Handlungsbedarf hervorgeht. Besonders im städtischen Haushalt zeichnet sich eine Lücke zwischen den Einnahmen und den Ausgaben ab – 2024 sind es 171 und 2025 sind es 142 Millionen Euro."

Diese Einschätzung ist noch nicht einmal ein Jahr alt. Und sie ist vollkommen überholt.
Wie ist es heute?

Uns alle hat die sehr positive Steuerschätzung aus dem Mai dieses Jahres überrascht. Die sprudelnden Steuereinnahmen zu Beginn des Jahres haben gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Wirtschaft gut durch die Pandemie gekommen sind. Die sinnvollen Unterstützungsmaßnahmen während der Pandemie von Bund, Ländern und Kommunen haben ihren wesentlichen Teil dazu beigetragen.

Wir sehen, der Bremenfonds hat gewirkt.

Und dennoch möchte ich auch an dieser Stelle ausdrücklich anmerken:

Die SteuerschätzerInnen sprechen selber von einer sehr volatilen Lage.

Gleichwohl werden die Prognosezahlen die Grundlage für die Haushalte 2023 sein. So sind die Regeln. Gleichzeitig müssen wir schon jetzt davon ausgehen, dass im Falle einer Rezession die Einnahmen zurückgehen. Wenn die Gewerbetreibenden ihre Produktion reduzieren, wenn die Inflation zu weniger Umsatz führt, dann werden wir dies bei den Steuereinnahmen deutlich merken.

So unsicher die Zahlen auch sind: sie sind die Grundlage für die Einnahmeseite, um einen Haushalt für 2023 zu planen.

Wenn Sie in den Finanzrahmen schauen, werden Sie sehen, dass für 2023 eine schwarze Null bei der Stadt steht und beim Land die Tilgung von 80 Mio. € vorgesehen ist – ohne Globale Minderausgabe - und ohne neue Schulden aufnehmen zu müssen.

Leider wird es so einfach nicht sein! Ich befürchte sogar, es wird sehr schwierig werden.

Wir wissen schon heute, dass wir für die Energieversorgung öffentlicher Gebäude aufgrund steigender Energiepreise deutlich mehr Geld ausgeben müssen. Wir rechnen damit, dafür im kommenden Jahr mindestens 150 Mio. € mehr aufwenden müssen. Darum werden wir auch daran arbeiten, den Energieverbrauch zu mindern

Das von der Bundesregierung beschlossene Entlastungspaket III wird die Länder ab 2023 jährlich 18 Mrd € kosten. Damit Sie mich nicht falsch verstehen – sehr geehrte Damen und Herren: Ich unterstütze das Paket der Bundesregierung ausdrücklich. Denn es wird Millionen Menschen, die wegen Geldsorgen nachts nicht schlafen können, helfen. Das Entlastungspaket III wird diese Menschen unterstützen. Das ist richtig so.

Richtig ist aber auch – und da spricht der Finanzsenator Bremens: Das Paket kostet uns viel Geld:

Nach ersten Schätzungen unserer Fachleute wird es den Stadtstaat Bremen kommendes Jahr mit 175 Mio. € belasten. Zum einen weil wir durch das Paket weniger Einnahmen haben werden, zum anderen, weil die beschlossenen Entlastungen wie mehr Kindergeld oder ein günstiges Nahverkehrsticket auch von den Ländern bezahlt werden müssen. Diese Belastung müssen wir nicht nur im kommenden Jahr verkraften, sondern in dieser Größenordnung wird das Entlastungspaket auch in den Folgejahren zu Buche schlagen.

Neben den Kosten, die der russische Angriffskrieg in der Ukraine nach sich zieht, kommen weitere Herausforderungen auf uns zu:

So werden wir uns mit den Tarifen des Öffentlichen Dienstes beschäftigen müssen. Ende des Jahres starten wir hier mit Verhandlungen. Und wir sehen ja im Moment die Forderungen der Gewerkschaften – zum Beispiel in der Metallindustrie. Ich rechne mit harten Kämpfen und hohen Forderungen.

Und dann natürlich das Thema, das uns alle – trotz all der tagesaktuellen Krisen – viel mehr umtreiben muss. Der Klimaschutz! Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass wir hier vermutlich die größte Herausforderung vor der Brust haben. In Bremen steht durch die Beschlüsse der Klimaenquetekommission auf der Tagesordnung. Und das Thema drängt. Denn der Klimawandel ist allerorten sicht- und spürbar. Wir dürfen hier keine Zeit mehr verlieren und müssen gegensteuern. Auch hier warten hohe Kosten auf uns. Das Thema wird in den kommenden Haushalten eine noch höhere Priorität bekommen müssen.

Ich sagte es schon: leider wird es nicht so einfach werden. Ich befürchte sogar: uns steht ein sehr schwieriges Jahr bevor. Es wird – und ich wünschte, ich könnte optimistischer sein – es wird noch schwieriger als die vergangenen drei Jahre, die von der Pandemie bestimmt waren.

Nach dem Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine am 24.2. hat sich die Lage nochmal deutlich verschlechtert. – Auch in der Finanzpolitik.

Daher ist schon heute klar: wir werden auch für 2023 einen Nachtragshaushalt vorlegen müssen.
Mein Haus arbeitet daran, dass wir Ende des Jahres oder Anfang kommenden Jahres über den Nachtragshaushalt 2023 hier in der Bremischen Bürgerschaft beraten können. Es werden sehr schwierige Beratungen werden, doch heute bitte ich Sie erstmal um eine konstruktive Debatte und Ihre Zustimmung zum Nachtragshaushalt 2022.